Ein „Brieflein“ für den Bundesgesundheitsminister
„Für mich ist es der erste Wahlkampftermin in diesem Jahr“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor gut vier Wochen im Kunstsalon Familie Montez an der Honsellbrücke im Frankfurter Ostend. Eingeladen hatte ihn die lokale CDU. Allerdings spielte der Wahlkampf für den Politiker in dieser sehr kleinen Runde eher eine Nebenrolle. Der Bundesgesundheitsminister gab eine kurze Übersicht zur aktuellen Corona-Lage im Land, denn die Zahlen waren Mitte Juli noch erfreulich niedrig. Und dennoch gab er „keine Entwarnung“.
Die Impfbereitschaft stagniere, besonders bei jungen Menschen – den Studierenden müsse man sehr kurze Wege bieten, sozusagen die Impfstation direkt vor der Hochschule aufstellen. Ganz klar: Wir erwarten die vierte Welle und es könne sein, dass die dritte Impfung im Herbst nötig würde. Er resümierte, dass Deutschland die Pandemie vergleichsweise gut überstanden hätte, dies läge auch an dem guten Zusammenhalt eines Großteils der Bevölkerung. Er gab zu, dass die Situation für chronisch Kranke und für Patienten mit sehr schweren Erkrankungen in den Krankenhäusern seit März 2020 oft sehr schmerzlich war und konnte gut nachvollziehen, wie sich Untersuchungs- und Operations-Terminverschiebungen, Besuchsverbote, HomeOffice, HomeSchooling und eventuell auch Arbeitsplatzverluste auf die Genesung der „Survivor“ ausgewirkt haben. Er sprach über die „Rettungsschirme", aber auch darüber, dass Deutschland schon lange vor der Pandemie an Produktivität verloren hätte – die Menschen seien zwar „beschäftigt“, aber die Leistungsfähigkeit, die schöpferische Kraft, die letztlich auch die Sicherung des Wohlstands bedeutet, sei rückläufig.
Größtenteils waren Parteifreunde anwesend – die Journaille, die keinen Negativtest dabei hatte – und zwei Familien waren platziert, deren Kinder natürlich prädestiniert waren, Fragen wie „Woher kommt das Virus?“ zu stellen. Der kommunikative Politiker parierte gekonnt damit, dass man vermute, es komme aus China.
Das Ausland und unsere Abhängigkeiten waren sein Thema. „Uber“ erwähnte er kritisch, was sehr verwundert, denn hier sind die Weichen längst gestellt – auch, was die Zukunft der Medizin betrifft – und letztendlich hat gerade Jens Spahn immer gerne auch dadurch geglänzt, dass er seinen Schulterschluss mit dem ehemaligen US-Botschafter Richard Grenell via Berliner Homestory präsentierte. Deutschland hat dies verschlafen und auch bei diesem Thema hat unsere Regierungsführung seit langem die Konzentration verloren, denn viele Entwicklungen zeigen, dass dieser Zug bereits abgefahren ist.
Und trotzdem kann man den Eindruck gewinnen, dass der Bundesgesundheitsminister die Coronaproblematik für unser Land relativ gut gelöst hat. Beim zweiten Mal ist jeder schlauer. Der große Mann punktet wie immer beim persönlichen Gespräch, ist weitaus sympathischer, als über den Bildschirm erkennbar. Leider bleiben viele offene Fragen über sehr unbefriedigende Umstände im Bereich der Krankenpflege, der Patienten-Selbstbestimmung andere Themen, die die Gesundheit der Frauen betreffen und seine persönliche und sehr strenge Haltung zu diesen Themen, aber bei diesem Ortstermin muss man schnell und sehr zielgerichtet agieren. Aktion Pink Deutschland sitzt in der ersten Reihe und Jens Spahn erfährt kurz, aber sehr deutlich, dass Frankfurt am Main besser geführt werden könnte, als dies leider der Fall ist und dass die Mainmetropole weit weg ist, eine „healthy city“ zu sein. Er nahm unser „Brieflein“ – über dessen Maße er sich angesichts der Bezeichnung wundert – dankend in Empfang und versprach verbindlich, sich darum zu kümmern, denn immerhin ist Aktion Pink Deutschland die einzige Brustkrebs-Selbsthilfeorganisation in Deutschland, die am Strategiepapier im Rahmen der CEDAW-Allianz und damit für den Deutschen Frauenrat in der Arbeitsgruppe „Gesundheit“ arbeitet und dieses Arbeitspapier geht auch an die Vereinten Nationen.
Wir nehmen die Worte des Bundesgesundheitsministers mit und bleiben weiterhin achtsam und vorsichtig, damit wir unsere Gesundheit und die der anderen weiterhin schützen.
Herzlichst,
Ihr Aktion Pink-Team